Freilassung der "Colombia Three"
Am 04. Oktober beginnt in Kolumbien das Gerichtsverfahren gegen drei Iren,
welchen vorgeworfen wird die Guerilla FARC unterstützt zu haben.
CAITRIONA RUANE, Vorsitzende der Kampagne "Bring them Home",
erklärt im folgenden den Hintergrund des Falles und warum die drei
Männer freigelassen und zurück zu ihren Familien gebracht werden
sollten.
I. Einführung
Niall Connolly, Jim Monaghan und Martin McCauley wurden am 11. August
2001 am Flughafen Bogota festgenommen. Die ersten sechs Monate wurden
sie ohne Anklage inhaftiert. Im Januar wurden sie angeklagt, falsche Pässe
verwendet und die FARC trainiert zu haben. Sie sind gegenwärtig im
Gefängnis "La Picota" in Bogota inhaftiert.
II. Konditionen der Männer
Seit ihrer Verhaftung am 11. August 2001 wurden sie in drei verschiedenen
Gefängnissen und Verhörzentren inhaftiert. Ihr Leben ist ständig
in Gefahr gewesen. Sie wurden zuerst im berüchtigten Gefängnis
"La Modelo" festgehalten und mussten wegen der Gefahr eines
Anschlages auf ihr Leben verlegt werden. Sie wurden dann nach El Dijin,
ein Polizeiverhörzentrum, gebracht. Sie wurden dort verfassungswidrig
inhaftiert und nach erfolgreicher Lobbyarbeit von Rechtsanwälten,
der irischen Regierung und der Kampagne "Bring them Home" in
den Hochsicherheitstrakt A des Gefängnisses La Picota verlegt. Als
ein geladenes Gewehr in einer benachbarten Zelle gefunden wurde, brachte
man sie zurück nach El Dijin. Nach einer erfolgreichen Anhörung
der Männer vor dem obersten Gericht, wurden sie in den Hochsicherheitstrakt
B des Gefängnisses "La Picota" verlegt, wo sie auch momentan
sind.
Jeder von ihnen teilt eine Zelle mit Männern, denen wegen Drogendelikten
eine Auslieferung an die USA bevorsteht. Die irische Regierung, die Rechtsanwälte
und die Kampagne haben wiederholt gefordert, dass die Männer eine
Zelle teilen um sich schützen zu können, aber dies wurde von
den kolumbianischen Behörden abgelehnt. Während ihrer Zeit in
La Picota gab es eine ernste Drohung, dass ihr Essen vergiftet wird. Wegen
dieser Vergiftungs-Gefahr konnten die Iren sieben Tage lang keine Nahrung
zu sich nehmen. Die irische Regierung und Menschenrechtsorganisationen
überwachen diese Situation sehr aufmerksam.
III. Gefahren für Rechtsanwälte der Verteidigung in Kolumbien
In Kolumbien sind Rechtsanwälte der Verteidigung wesentliche Ziele
für durch den kolumbianischen Staat unterstützte rechte Paramilitärs.
Seit 1998 sind über 25 Rechtsanwälte der Verteidigung ermordet
worden.
Die drei Männer werden von zwei Organisationen repräsentiert:
Das "Lawyers Collective" und die "Vereinigung von Rechtsanwälten
für politische Gefangene".
Dies sind weltberühmte Organisationen, welche sehr eng mit internationalen
Menschenrechtsorganisationen zusammenarbeiten. Das "Lawyers Collective"
ist von der französischen Regierung mit einem renommierten Preis
für seine Menschenrechtsarbeit ausgezeichnet worden. Sie werden von
europäischen "Entwicklungseinrichtungen" finanziert. Sie
arbeiten in Kolumbien unter sehr schwierigen Bedingungen. Im Juni 2002
erschien ein 'anonymes' Farbplakat, auf welchem das "Lawyers Collective"
als der 'legale Flügel der ELN,' einer der Guerillagruppen in Kolumbien,
denunziert wurde. Weiterhin wurde auf dem Plakat ein älteres Mitglied
des Militärs als Nationalheld bezeichnet.
Das "Lawyers Collective" arbeitet momentan an einem Fall, der
dieses Mitglied des Militärs betrifft. Auf Grund des Plakates mussten
einige Rechtsanwälte das Land verlassen, andere müssen aus Gründen
der eigenen Sicherheit besonders vorsichtig sein.
Auf Grund nationalen und internationalen Drucks musste die kolumbianische
Regierung eine Stellungnahme veröffentlichen, in welcher das Plakat
verurteilt wird.
IV. Zugang zu Rechtsanwälten
Seit ihrer Verhaftung hatten die drei Männer große Probleme
sich mit ihren Rechtsanwälten zu treffen. Bei zahlreichen Anlässen
kamen die Rechtsanwälte an und es wurde ihnen der Zutritt verweigert.
Den Männern wurde nicht erlaubt, eine gemeinsame Diskussion zusammen
mit ihren Rechtsanwälten zu führen, was konkret bedeutet, daß
zwei von ihnen der Zugang zu den Rechtsanwälten verweigert wurde.
Die "Colombian Lawyers" sprechen nicht englisch und nur einer
der Männer spricht spanisch. Die Besuchszeit der Rechtsanwälte
war oftmals extrem kurz, besonders im Hinblick auf die Sprachbarrieren.
Es wurde so ernst, daß der irische Rechtsanwalt Peter Madden von
"Madden-Finucane" die Rechtsanwälte nach Irland bringen
mußte, um an der Verteidigung der Männer zu arbeiten.
Einer der Rechtsanwälte, der die drei Männer vertritt, ist
bei vielen Anlässen angereist um die drei Männer im La Picota
zu besuchen und das Gefängnispersonal versuchte ihn zu demütigen,
bspw. wollte man ihn zwingen seine Schuhe, Gürtel und Krawatte abzunehmen.
Er hat sich geweigert dies zu tun, da es eine herabwürdigende Behandlung
eines Rechtsanwaltes ist. Folglich konnte er die Männer die letzten
fünf Monate nicht besuchen.
V. Die Medien
Die drei Iren wurden durch kolumbianische und internationale Medien verheizt.
Seit ihrer Verhaftung sind zweifelhafte Geschichten über sie geschrieben
worden, wodurch alle Aspekte einer fairen Verhandlung verletzt wurden.
Das Büro des Justizministers ließ jedes Anklagedokument zur
Presse durchsickern. Dies ist uns von Journalisten bestätigt worden.
Der kolumbianische Präsident, Präsident Pastrana, schrieb am
5. April 2002 in der Washington Post: "Vor einigen Monaten wurden
IRA-Mitglieder in Kolumbien festgenommen, nachdem sie FARC Guerillas im
'städtischem Terrorismus' trainierten." Dies ist eine deutliche
Einmischung des Präsidenten in den Prozeß.
Es ist in diesem Kontext wichtig zu beachten, daß dieser Kommentar
getätigt wurde, während er in Washington war um eine Erhöhung
der militärischen Hilfe für Kolumbien anzufordern.
Das "Senatskomitee für auswärtige Beziehungen" in
den USA verletzte ebenfalls das Recht der drei Iren auf ein faires Verfahren,
indem eine öffentliche Anhörung über die drei Männer
gehalten wurde und 'Beweise' des kolumbianischen Generals Tapias gezeigt
wurden. Die Medien waren bei der Anhörung anwesend und die Kommentare
des Generals wurden medial Wort für Wort in aller Welt weiterverbreitet.
Viele von den anwesenden republikanischen und demokratischen Kongreßabgeordneten
und Senatoren äußerten sich öffentlich sehr kritisch über
diese Anhörung.
Es ist offensichtlich, daß die drei Iren von Elementen der kolumbianischen
Regierung und von Elementen der Regierung der USA instrumentalisiert werden,
um eine Erhöhung der militärischen Hilfe der USA an Kolumbien
zu legitimieren.
Kürzlich hat der Kongreß der USA wegen Aufzeichnungen entsetzlicher
Menschenrechtsverletzungen der kolumbianischen Regierung Einschränkungen
der militärischen Hilfe beschlossen.
Unter den geschilderten Umständen ist es praktisch unmöglich,
daß die drei Männer ein faires Gerichtsverfahren in Kolumbien
bekommen.
VI. Update
Ein Ankläger wurde bestimmt um die Untersuchungsphase des Prozesses
zu leiten, welche im Januar endete. Theoretisch ist es seine Aufgabe,
Beweise für und gegen die Männer zu suchen. Leider geschah dies
nicht und diese Phase des Prozesses wurde beendet, ohne die Zeugen der
Verteidigung anzuhören. Dies ist eine Verletzung eines fairen Verfahrens
in Kolumbien.
Die Iren sind angeklagt gefälschte Pässe verwendet und die
FARC trainiert zu haben. Bis heute umfassen die Beweise gegen die Männer
folgendes:
VII. Forensische Beweise
1. Ein Test, der von einem militärischen Vertreter der USA ausgeführt
wurde, nachdem die Männer festgenommen wurden. Sie behaupten, dass
der Test ein positives Ergebnis auf Sprengstoff und Drogen erbrachte.
Dies wurde sofort als unzulässig deklariert, da die kolumbianische
Armee, die die drei Männer festnahm, diese direkt zu einer Militärbasis
nahe der Botschaft der USA brachte und Botschaftsvertreter der USA anrief,
bevor sie sich an die eigenen Behörden wandte.
2. Ein Botschaftsvertreter der USA führte einen zweiten Test durch
und behauptete, dass der Test ein positives Ergebnis auf Sprengstoff erbrachte.
3. Die kolumbianischen Behörden führten forensische Tests der
Kleidung und sonstiger Gegenstände, welche den drei gehörten
durch und alle Tests waren negativ.
4. Ein weltberühmter forensischer Experte, der von den irischen
Rechtsanwälten Madden & Finucane beauftragt wurde, hat alle Materialien
untersucht und er sagt, daß es keine forensischen Beweise gegen
die Männer gibt.
Das kolumbianische Militär brachte Zeugenerklärungen heraus,
in welchen behauptet wurde, die Männer seien gesehen worden, als
sie die FARC trainierten. Diese Zeugen stellten ssich unter Kreuzverhör
der Rechtsanwälte der Verteidigung als unglaubwürdig heraus.
Die Zeugen behaupteten, daß die Männer 1998 und im Dezember
2001 in Kolumbien waren. Die Verteidigung hat Alibizeugen in Irland (einschließlich
Aufzeichnungen von Arbeitgebern und Erklärungen von gewählten
Parlamentariern und Arbeitskollegen), um zu beweisen, daß die Männer
während dieser Zeit nicht in Kolumbien waren.
VIII. Falsche Dokumente
Die Männer reisten mit falschen Pässen. Dies ist eine geringes
Vergehen und unter normalen Umständen wäre damit zu rechnen,
daß die Männer ausgeliefert würden.
Das Gerichtsverfahren hat begonnen. Ursprünglich verfügte der
kolumbianische Staat, daß das Verfahren in Florencia abgehalten
wird. Nach einer Petition an den obersten Gerichtshof gab der kolumbianische
Staat jedoch zu, daß es die Leben von den drei Männern nicht
schützen könne und das Verfahren wurde in die Hauptstadt Bogota
verlegt.
Ein Richter ist ernannt worden. Es wird keine Jury geben.
Das Verfahren wird am 4. Oktober beginnen und die Rechtsanwälte
erwarten, daß es zwischen drei bis vier Monate andauern wird.
IX. Beobachter
Die kolumbianischen und irischen Rechtsteams meinen, daß es auf
Grund der Politisierung des Falles und den beinhalteten militärischen
und politischen Interessen sehr schwierig, wenn nicht unmöglich ist,
daß die drei Iren eine faires Verfahren bekommen. Deshalb vertreten
sie die Meinung, daß die Anwesenheit von Beobachtern wesentlich
sei. Dies würde Rechtsbeobachter und politische Beobachter betreffen,
um verschiedene Aspekte des Falls zu überwachen.
Die Tatsache, daß Beobachter anwesend sind, würde Druck auf
die kolumbianische Regierung und auf den Prozeß ausüben. Die
einzige Hoffnung auf ein faires Verfahren für die Männer ist,
wenn das Auge der Welt zusieht.
Internationale Beobachter würden auch eine Rolle dabei spielen,
die Leben der Rechtsanwälte der Verteidigung zu schützen.
Die Rechtsteams fordern, daß internationale Menschenrechtsorganisationen,
politische Parteien, Künstler, Solidaritätsgruppen, Journalisten
und Rechtsanwälte als Beobachter fungieren.
Das gesamte kolumbianische Rechtssystem und das politische System sind
angeklagt, nicht nur drei Iren. Es ist wichtig, daß die Welt seine
Rolle dabei spielt, umd zu gewährleisten, daß es ein faires
Verfahren in Kolumbien gibt.
Nach dem Zusammenbruch der Verhandlungen, wichtigen Verhandlungen, welche
ein friedliches Ende des Konfliktes bewirken sollten, ist Kolumbien gegenwärtig
in einen blutigen Bürgerkrieg involviert. Es ist wesentlich, daß
jeder seine Rolle spielt, um zu helfen, ein sich an Verhandlungen anschließendes
Ende des Konfliktes zu bewirken.
Übersetzung FSF |